PraiSing Cross-Over zum Nikolausabend

Ein Gospel Weihnachtskonzert mit Gästen

Das, was das zahlreich erschienene Publikum da am Samstag Abend, dem Nikolaustag, in der Erlöserkirche erlebt hat, dürfte als einmaliges Erlebnis in die Geschichtsbücher der musikalischen Veranstaltungen, die sich Kirchenmusikdirektor Jörg Wöltche da ausgedacht hat, eingehen. 
Das Konzert begann – entgegen aller bisherigen Erwartungen und Erfahrungen, die man im Lauf der Jahre mit Konzerten von PraiSing gemacht hat, ganz still und leise mit einer Improvisation von Wöltche an der Steinmeyer-Orgel, in der die ersten Glockentöne des ukrainischen „Carol of the bells“ versteckt zu hören waren. Kurz danach begann PraiSing a-cappella aus der hintersten Chorapsis heraus – für das Publikum nicht zu sehen – dieses Weihnachtslied mit dem Text von John  Williams, das der kundige Fernsehzuschauer und Kinogänger aus dem Film „Kevin allein zu Haus“ vielleicht gekannt hat. PraiSing sang mit den erkältungsbedingt dezimiert verbliebenen 18 Sängerinnen und Sängern äußerst intonationssauber, stimmlich klar strukturiert und ausbalanciert und in voller Klangstärke – unverstärkt und setzte ein Zeichen in der Kissinger Chorlandschaft, das bis zum Ende stabil auf höchstem Niveau halten sollte. 

In – auch das ungewohnt für Konzerte, die Wöltche leitet – überwiegend unmoderiertem Wechsel zwischen den Stücken, deren Titel kurz auf Leinwand angezeigt wurden, flossen so moderne zeitgenössische Gospels zusammen mit Werken von Heinrich Schütz („Eins bitte ich vom Herren“), Johann Sebastian Bach („Adagio“ aus dem Doppelkonzert für zwei Violinen und Cembalo) oder der „Romance“ von Ronald Binge für Altsaxophon und Klavier ineinander über. 

Die eingeladenen „Gäste“ waren alles Musizierende, die mit Wöltche verbunden sind, die beiden Violinistinnen Christel Gimmler und Carola Kroczek als Mitglieder des Kammerorchesters Bad Kissingen, André Müller, der oft auch schon in der KisSingers Band mitgespielt hat und – als hauseigener Nachwuchschor die Kissinger Gospelkids, aus denen ja PraiSing abstammt. Sie standen in der Mitte des Konzertes zwischen PraiSing und gaben als eigene Programmpunkte neben einigen traditionellen Spirituals das Lied „Weihnacht bedeutet so viel“ auch das bekannte Weihnachts- und Neujahrsstück von Yoko Ono und John Lennon „So this is Christmas“ zu Gehör. Den – dann ohne Mikrofon mitsingenden jungen Erwachsenen von PraiSing sah man an, dass sie das früher als Gospelkids auch schon von ganzem Herzen gerne mitgesungen haben. Nächstes Jahr steht da das 25-jährige Gründungsjubiläum der Gospelkids an! 

Insgesamt fünf der neun Gospels waren mit Videoprojektionen hinterlegt, in denen die Texte mitzulesen waren, eine in Verbindung mit der stimmungsvollen Ausleuchtung der Welterbe-Architektur des Gärtner-Baus Erlöserkirche rundum gelungene Inszenierung des zweistündigen Programms. 

Höhepunkt: Mary did you know?

Auch wenn es ein wenig unfair klingt gegenüber der in höchstem Maße zu bewundernden Gesamtleistung aller Beteiligten auf der Bühne und den – wie Wöltche kurz erläuterte – kurzfristig eingesprungenen Aushilfen an der Technik wurde ein Solobeitrag zum unangefochtenen Höhepunkt nach und neben der von Tobias Zimmermann vorgelesenen Weihnachtsgeschichte „Begegnung am Teich“ von Monika Kießling. Die erst zehnjährige Pauline Stefan, eines der Gospelkids-Kinder, sang – sehr geschickt ausgeleuchtet – ganz alleine, von Wöltche am Flügel begleitet, den inzwischen weltbekannten Song „Mary did you know?“ von Mark Lowry, der der werdenden Mutter die entscheidenden Lebensfragen stellt: „Weißt du, Maria, dass dein Sohn einst Blinde sehend machen wird und Lahme gehend“ und so weiter. Sehr zu Herzen gehend und sehr überzeugend, wie diese zarte Stimme über sich hinausgewachsen ist und diesen Song ausgestaltet hat. Wieviel Übungszeit und Engagement! Welch tobendes Publikum voll herzlichem Applaus. 

Das Konzert endete sehr still und leise in der dann auch abgedunkelten Kirche mit dem Ausblick auf „Silent night, Holy night – Love will find you.“ – Die Liebe wird dich finden, in der Vertonung des Songs „Somewhere in your silent night“ von Mark Hall, Bernie Herms und Matthew West. Noch einmal konnte PraiSing seine Stärken zeigen: große dynamische Bandbreite vom leisen Pianissimo bis zum kräftigen Fortissimo in sauberer Klanggestaltung und ausgewogener Balance aller gut durchhörbaren Stimmen, abgemischt von Matthias Hecht, das Pult vorbereitet und eingerichtet von Philipp Schroll, das Licht vorbereitet von Martin Wenzel. Letztere beide sprangen in Würzburg und Bayreuth für dort erkrankte Kollegen ein. 

Dass alle Solistinnen und Solisten aus dem Chor herausragende Einzelleistungen darboten, versteht sich bei dieser Gruppe fast schon von selber. Herauszuheben sind die von Katharina Heinrich und Alexandra Jany solistisch gesungene barocke Kantate „Willkommen, süßer Bräutigam“ von Vincent Lübeck und den zu Beginn schon erwähnten Heinrich Schütz. In den Gospels waren als weitere Solistinnen zu hören: Felix Blaßdörfer, Mona Lauter, Emely Lechler, Lisa Lechler und Dorothea Spasow. Ein umfangreiches Programmblatt gab die Übersetzungen mit. 

Zwei wunderbare, abwechslungsreiche Stunden, die nach Wiederholung rufen! Immerhin ist am kommenden Samstag, 13.12., die Fortsetzung mit der KisSingers GospelWeihnacht noch zu erleben. Da sollte man sich aber schleunigst um die Restkarten bemühen, die es im Vorverkauf im Modehaus Ludewig und in der Buchhandlung seitenweise zu erwerben gibt. Das Mittelschiff ist schon länger ausverkauft.  

Fotos: Heiko Rittelmeier