Jüdisches Schweinfurt Teil 1

Jüdisches Schweinfurt

Wir stellen Ihnen in drei Teilen tabellarisch die jüdische Geschichte Schweinfurts vor:

 

ZWISCHEN DULDUNG UND VERFOLGUNG (I)

Juden in Schweinfurt: Streiflichter aus der Geschichte

(Zusammenstellung und Fotos: Siegfried Bergler;

Beratung und Durchsicht: Elisabeth Böhrer)

   

Vergebliche Spurensuche: Nur der Name erinnert noch an das mittelalterliche jüdische Wohnviertel

 

 

Die erste jüdische Ära: Mittelalter: 1200 - 1555

1212:                           Älteste Erwähnung von Juden in SW: Der Jude Abraham aus Schweinfurt unterzeichnet in Würzburg eine Urkunde als Zeuge.

1243:               Marquard, der Butigler [Reichsbeamter] von Nürnberg, weist von dem Geld, das er von Heinrich dem Erwählten von Bamberg erhalten soll, 50 Mark Silber für die Juden von SW an.

1298:               Vorwurf der Hostienschändung: Im Rahmen der Judenverfolgung durch die Banden des fränkischen Ritters Rindfleisch aus Röttingen werden über 100.000 Juden in 140 Gemeinden Frankens, Bayerns und Österreichs getötet.

Anno 1298 wurden durch gantz Frankenland allenthalben die Juden obel behandelt, geschlagen, gefangen, vertrieben und an etlichen Orten wohl gar verbrand oder sonst getödtet. Und solches auff ahntreiben eines losen Fischers und schlechten Bawersmannes N. Rindfleisch genand: welcher vorgegeben: Er were sonderlich von Gott dazu beruffen und ausgesand, alle Juden ausszurotten (Hennebergsche Chronik).

1348/49:                      Vorwurf der Brunnenvergiftung: Judenverfolgung in der Zeit des Schwarzen Todes (Pest-Epidemie)

1368:                           Privilegium von Kaiser Karl IV. (1347-78): Die Stadt SW darf bis auf Widerruf „wieder“ Juden (des Kaisers „Kammerknechte“) ansiedeln.

1420:               Erneutes Privilegium von Kaiser Siegmund/Sigismund (1410-37):

Stadt SW darf Juden aufnehmen (Juden als Steuerobjekte; „Judenzins“).

1429:                           Diese Erlaubnis wird auf 20 Jahre begrenzt. Dafür erhalten Juden Steuerbefreiung. Sie sollen unbekumert, ungedrungen und unangelanget sein von jedermann. Diese Befreiung wurde schon 1433 wieder aufgehoben.

1436:               Erste Erwähnung der Judengasse: Sie wird gepflastert.                        

1437:               Juden müssen sich steuerlich am teutschen Hauskauf beteiligen (Die Stadt kauft die Besitzungen des Deutschherrn-Ordens um SW).

1444:               Zwecks Krönung Kaiser Friedrichs III. (1440-93) müssen die Juden ein Drittel ihres Vermögens als „Krönungssteuer“ bezahlen.

1479:                           Erster (literarischer) Nachweis einer Synagoge in Schweinfurt, wohl mit Mikwe („Judentauche“) – vermutlicher Standort: das heutige Friederike-Schäfer-Heim, Judengasse

1492/93:          Schweinfurter Juden müssen Leibzoll (Geleitschutz bei Reisen) entrichten.

1500:               Kaiser Maximilian I. bestätigt der Stadt den Besitz einer Judenschule/Synagoge und eines Judenfriedhofes. Das „Judengärtlein“/“Judenkirchhof“ ist „in einem kleinen Gärtchen an der Stadtmauer zwischen dem Spital- und Obertor gelegen unfern des Brauhauses“ – heute: Straße „Am Jägersbrunnen“

                        Die jüdische Gemeinde dürfte einen Vorsteher, Judenrat und wohl auch einen Rabbiner gehabt haben. Juden lebten von Geldleihe, Waren- und Weinhandel.

1525:               Im Bauernkrieg müssen sich auch Schweinfurter Juden am Widerstand gegen die aufständischen Bauern beteiligen:

Da wardt gehandelt, dass Priester, Juden, Mönch, Spithalpfrundtnere all sollen mit den andern Bürgern wachen, graben, Thor hueten undt gleich Beschwernus tragen.

1542:               Privilegium von König Ferdinand I. (Kaiser: 1556-64) für SW: Kein Jude darf sich in der Stadt ohne Bewilligung niederlassen.

                        Zahl der Juden: 56 (6 Familien und 10 einzelne Juden -  bei 826 Bürgern und 6 Pfarrherren)

1544:               Beschwerde der Schweinfurter Juden über Versperrung ihrer Schule am 1. Mai und Androhung einer Klage beim Kammergericht.

1553/54:          Der Markgräfler Krieg („Zweites Stadtverderben“) wütet in SW; Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach und Bayreuth wählt die Stadt als Stützpunkt seines Kampfes gegen die bundesständischen Truppen; die Belagerer brennen die Stadt nieder.

Und es verfuhren mit ihnen (den Juden) die (markgräflichen) Soldaten viel besser, als mit dem armen christlichen Volk. Und es baten die Juden, dass er einen Teil der Frauen zur Stadt hinauslasse und so thaten sie auch; aber noch blieben mehr als 100 Seelen zurück. …

Und es wurde kein Jude an seiner Person geschädigt, nur eine Frau, die ihre Wunden selbst verschuldet hat; man schlug sie nämlich des Geldes wegen, das sie bei sich hatte; wenn sie es ihnen aber gegeben hätte, so hätten sie ihr nicht das Geringste gethan.

1555:                           03.09.: Privilegium von Kaiser Karl V. (1519-56): Die Stadt SW darf die Juden, die vor dem Stadtverderben in SW wohnten und ihre abgebrannten Häuser wieder aufbauen wollen, daran hindern. Sie braucht künftig keinen Juden mehr aufzunehmen („offizielle“ Begründung: wegen des jüdischen Wuchers).

„Schweinfurt ist von diesem Jahre an von Juden frei“ (Distriktsrabbiner Salomon Stein).

Zwischen 1555 und 1817:        In SW gibt es keine ansässigen Juden, sondern nur „vorübergehend längere Zeit sich hier aufhaltende Juden"  (Sal. Stein)      

08.06. 1573:                            Laut Ratsprotokoll haben Juden bei Eintritt in die Stadt Vortorzoll zu entrichten.                  

1635 u. 1636:                          Dekrete: Androhung von 10 Talern Strafgeld, wer einem Juden Herberge oder Unterschleif in SW gewährt.

1651:                                       Eine Polizei-Ordnung spricht den Schweinfurter Bürgern ihr Missfallen aus, dass sie wieder Gemeinschaft mit den Juden suchen und Geldgeschäfte mit ihnen betreiben.    

 

 

Der jüdische Friedhof bei Euerbach:

1171 Grabsteine zeugen von einer langen jüdischen Geschichte: Nach ihrer Vertreibung aus Schweinfurt (1553/54) siedelten sich Juden u. a. in Euerbach an. Es war auch der Begräbnisort jüdischer Bürger aus Obbach und Niederwerrn. Bis 1940 erfolgten hier Beisetzungen.

 

Teil 1 | Teil 2 | Teil 3