Er hat noch einen Haufen Ideen

Dekanatskantor Jörg Wöltche zum Kirchenmusikdirektor ernannt

Der entscheidende Augenblick: Kirchenrat Manuel Ritter (l.) überreicht Kantor Jörg Wöltche die Ernennungsurkunde zum KMD

Bad Kissingen, So. 11. Mai 2014. Man hätte schon applaudieren können, ehe überhaupt der Gottesdienst anfing. Denn mit dem Concerto in h-moll von Johann Gottfried Walther, dargeboten vom Kammerorchester Bad Kissingen, setzte Jörg Wöltche, virtuos an der Orgel begleitend, ein erstes Highlight. Sowohl stürmisch, flott als auch zart, zurückhaltend waren die drei Sätze aufgebaut mit vorgesehenen Solo-Passagen.

Ja, an diesem Morgen gab’s in Erlöserkirche aus musikalischer Sicht das komplette An- und Aufgebot; nur Bach fehlte. Nicht nur Muttertag, sondern der Sonntag „Jubilate“ war angesagt: „Grund zur Freude und Dankbarkeit“, wie Pfarrer Jochen Wilde, der Ortsgeistliche und ständige Vertreter des leider verhinderten Dekans Oliver Bruckmann, in seiner Begrüßung bekundete, zumal außerdem Erlöserkirchen- und Dekanatskantor Jörg Wöltche zum Kirchenmusikdirektor ernannt werde.

Für die Gemeinde im gut besuchten Gotteshaus war es darüber hinaus ein Wunschliedersingen. Auf Zuruf durfte man sich bekannte Choräle wünschen – von „Geh aus, mein Herz“ über „Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer“ bis zu „Von guten Mächten“: Es war alles dabei. Und der Laudator und Festprediger des Tages, Kirchenrat Manuel Ritter, Referent für Spiritualität und Kirchenmusik im Landeskirchenamt München, hielt gar noch eine Liedpredigt über den „Hit unseres Gesangbuches“ 334 Jahre nach dessen Entstehung: „Lobe den Herren, den mächtigen König“. Es handle sich um ein Lied für fast alle Gelegenheiten, gerade auch für dunkle Erfahrungen. Denn Lob sei in dieser Welt nicht selbstverständlich, allenfalls das Eigenlob. Mit dem Weckruf „Lobe den Herren“ protestiere der Dichter Joachim Neander in seinem Todesjahr 1680 gegen die grausamen Wirklichkeiten dieser Welt, damals die Nachwehen des Dreißigjährigen Krieges. Heute gelte es, an den Sudan, an Syrien oder an die Ukraine zu denken. Doch letztlich halte Gott die Welt in seinen Händen, mit den Worten Karl Barths ausgedrückt: „Es wird regiert“. Gottes Liebe habe „unverwechselbare Gestalt in Jesus Christus bekommen“, den freilich dieses Lied nicht nenne.

Manuel Ritter fühlte sich trotz 19-jähriger Abwesenheit auf der Erlöserkirchenkanzel sichtlich zu Hause, hatte er sich doch von 1989 bis 1995 zusammen mit seiner Frau die dritte Pfarrstelle Bad Kissingen geteilt und sich davor schon in unserem Dekanat in Bergrheinfeld die ersten geistlichen Sporen verdient. Jörg Wöltche hingegen wirkt seit 17 Jahren an der Erlöserkirche, seit 2008 auf einer A-Kantorenstelle. Folglich musste Ritter anschließend vom Gotteslob zum Menschenlob übergehen: Er überreichte dem Kantor die Ernennungsurkunde zum „Kirchenmusikdirektor“, womit dieser nun so etwas wie ein „Kirchenlobmeister“ sei. Die Landeskirche verleihe in diesem Jahr den Ehrentitel nur an vier Persönlichkeiten „für besondere kirchenmusikalische Verdienste, die über den Einsatzort hinaus strahlen“.

Dazu las der Kirchenrat die ausführliche Begründung seitens des Landeskirchenmusikdirektors Michael Lochner vor: Wöltche sei überzeugter Verfechter eines musikalischen Crossover, da er die Fähigkeit besitze, klassische wie moderne Kirchenmusik unter dem Dach der Kirche zu vereinen, aber sie genauso einbringe in hochkarätige Festivalprogramme wie den „Kissinger Sommer“, die „Kissinger Osterklänge“ und den „Kissinger Winterzauber“. Ferner lobt Lochners Schreiben Wöltches Begeisterung für Musical-Aufführungen und seine nimmermüde Chorarbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Doch „was wäre ein Kantor ohne Chöre, ohne die zahlreichen Gemeindeglieder und ohne Pfarrerkolleginnen und –kollegen“, resümierte Manuel Ritter abschließend.

Dann aber durfte Jörg Wöltche noch einmal (fast) alle Register seines Könnens ziehen mit dem Gospelchor „Die KisSingers“ und dem Jugendchor „PraiSing“ samt seiner Tochter als Leadsängerin. Er beschloss den Gottesdienst an der großen Orgel mit Henry Purcells festlichem „Trumpet Tune“, begleitet vom Trompeter Hans-Jörg Rustler. Standing ovations!

Im Evangelischen Gemeindehaus in der Salinenstraße trafen sich danach die Musiker, Freunde des KMD und die Stammgemeinde zum Empfang. Klaus Lotter gratulierte im Namen des Kirchenvorstandes und ließ noch einmal die vielseitige Arbeit Wöltches von seiner Bewerbung 1997 bis auf den heutigen Tag Revue passieren. Wöltche bedankte sich seinerseits: „Der da oben hat mir eben die Gabe gegeben.“ Darum sei dies alles für ihn „ein bisschen zu viel Lobhudelei“. Noch habe er ja bis zu seinem letzten Arbeitstag am 29. März 2030 Zeit, genug Projekte zu verwirklichen und dafür auch „noch einen Haufen Ideen“. Dazu passend wünschte ihm der Kinder- und Familienchor: „Gib nicht auf, schick deine Träume zu den Wolken hinauf.“ Man darf auf die Antwort von oben gespannt sein. ---

Erinnern Sie sich noch an die Ernennung der St. Johannis-Kantorin Andrea Balzer zur KMD, ebenfalls unter Teilnahme von KR Manuel Ritter? Das ist genau zwei Jahre her:

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