PRESSESCHAU: Das Beste kommt noch und die Hoffnung bleibt

Konzertlesung mit Samuel Koch und Samuel Harfst in der Christuskirche

Samuel Koch in der Schweinfurter Christuskirche (Foto: H. Walter)

Schweinfurt-Christuskirche, 24. März 2018. Sein Unfall bewegte die Republik. Im Dezember 2010 stürzte der damals 23-jährige Samuel Koch schwer. In der Fernsehsendung „Wetten dass…?“ wollte er mit speziellen Sprungstiefeln über fünf fahrende Autos springen. Ausgerechnet beim vierten Auto, das sein Vater fuhr, verunglückte Koch und ist seither vom Hals abwärts querschnittgelähmt.

Inzwischen hat Koch seine Schauspielausbildung beendet und ist festes Ensemblemitglied im Staatstheater Darmstadt. Er hat zwei Bücher geschrieben. Seinen Bekanntheitsgrad nutzt er für Lesungen und Auftritte, mit deren Erlös er unter anderem die Deutsche Stiftung Querschnittlähmung (DSQ) oder die internationale Rückenmarksforschung „wings for life“ unterstützt.

Die Christuskirche füllte er gemeinsam mit Samuel Harfst bei einer Konzertlesung. Rund 350 Besucher erlebten einen interessanten Abend. [...]. Der Liedermacher und der Autor saßen nebeneinander in großväterlichen Ohrensesseln und philosophierten und psychologisierten sich so durch den Abend. Immer wieder einmal unterbrochen von kurzen Lesungen aus den beiden Büchern Kochs „Zwei Leben” und „Rolle vorwärts“, sowie von den musikalischen Einlagen von Samuel Harfst und seiner Band. Sie spielten Lieder aus ihrem neusten Album „Endlich da sein wo ich bin“.

Der ehemalige Straßenmusiker eröffnete den Abend mit dem Lied, das die beiden Samuels zusammengebracht hatte: „Ist es nicht wunderbar, an diesem Tag zu sein. Es ist ein Privileg, erachte es nicht als klein“. Beim philosophisch angehauchten Small-Talk des Abends erfahren die Zuhörer, dass Harfst keine Noten lesen kann und wie seine christlichen Lieder so entstehen. „Jedes Mal denk ich, das wird nichts“, aber dann setze er einen Fuß in die Luft und merke, dass sie trägt, so der Musiker.

Koch beantwortet dagegen die Frage, die er schon tausendmal gehört hat nicht: „Wie schaffst du das nur, was gibt dir Kraft?“. Für ihn stelle sich eher eine andere Frage, nämlich die: „Wohin mit meiner überschüssigen Kraft“. Vor seinem Unfall war Koch Geräteturner und ein Sportler durch und durch. Und wie steht es um die innere Kraft? „Was mir am meisten hilft, ist die Vorstellung, dass das Beste noch kommt, das ändert die Perspektive“, erklärt Koch. Sich nicht bewegen zu können sei sein Supergau, meint der Querschnittgelähmte, aber man spürt die Hoffnung auf ein Wunder; die Hoffnung, sich wieder einmal bewegen zu können, hat er (noch) nicht verloren. Koch formuliert sein nächstes Lebensziel: „Entweder mein Zustand verbessert sich so weit, dass ich damit leben kann, oder ich lerne es anzunehmen – beides ist noch nicht eingetreten.“

Der Abend im Plauderton ist alles andere als humorlos, immer wieder bringt Koch die Besucher auch zum Lachen, nicht selten mit schwarzem Humor. Trotzdem fiel es ihm und den Musiker schwer, die Menschen zum Mittun und Mitsingen zu motivieren. Eine ganz eigene Betroffenheit ist im Raum spürbar. So mancher hatte wohl Hemmungen, angesichts eines solchen Schicksals ausgelassen mitzusingen. [...]

(Quelle: Schweinfurter Tagblatt vom 28.03.18, S. 27; Text: Ursula Lux; Fotos: Harry Walter)