Bayerischer Diakoniepräsident besucht das Diakonische Werk Schweinfurt
Schweinfurt, 18. Jan. 2014. Der Präsident des Diakonischen Werkes Bayern, Pfarrer Michael Bammessel (Nürnberg), besuchte im Rahmen seiner Teilnahme am 1. Schweinfurter Diakonie-Pflegekongress auf der Maininsel auch das dortige Pflegezentrum der Diakonie Schweinfurt. In einer Gesprächsstunde mit dem Vorstand Pfarrer Jochen Keßler-Rosa, dem evangelischen Dekan Oliver Bruckmann, dem Leiter der Bezirksstelle Uwe Kraus, und weiteren Mitarbeitenden der Diakonie informierte er sich vor allem über die beiden Arbeitsfelder Asylbewerberberatung und armutsorientierter Energieberatung des Diakonischen Werkes.
Zunächst berichteten Josef Holzheimer und Monika Morick-Kraus vom Beratungsdienst für Flüchtlinge und Asylbewerber über ihre Arbeit in Schweinfurt Stadt und Land sowie dem Landkreis Rhön-Grabfeld. Ihr Betreuungsbereich erstreckt sich immer stärker auch auf Landgemeinden. Man habe es immer mehr auch mit dezentralen Unterkünften in der Region zu tun, betonte Holzheimer und berichtete von seinen Besuchen in den Unterkünften Bischofsheim, Nordheim v.d. Rhön und Bad Königshofen. Immer neue Orte wie z.B. Poppenhausen oder Willmars kämen hinzu.
Gerade im ländlichen Raum spüren die Berater eine Welle der Hilfsbereitschaft von Seiten der örtlichen Verbände und Vereine. Beispielsweise entsteht zurzeit in Hambach eine große Einrichtung. Bereits im Vorfeld sind dort positives Engagement und eine hohe Motivation der Ehrenamtlichen und auch des Bürgermeisters unverkennbar. Inzwischen wurde ein Strategiepapier zwecks Koordination der vielen bereitwilligen Helferinnen und Helfer erarbeitet. Holzheimer versteht sich dabei eher als Moderator denn als Organisator.
Diakoniepräsident Bammessel empfand diese Akzeptanz in der Bevölkerung als sehr ermutigend. Holzheimer: „Es hat nie wirklich Aufruhr gegeben“. Entstehende Probleme würden rechtzeitig erkannt, was Eskalationen verhindere. „Denn Probleme entstehen nicht aufgrund der verschiedenen Ethnien, Nationalitäten oder Religionen, sondern allenfalls wegen der Art und Weise der Unterbringung.“
Auf die Frage Bammessels nach politischem Handlungsbedarf nannte Frau Morick-Kraus primär das Arbeitsverbot für die ersten neun Aufenthaltsmonate, das die Asylbewerber zur Untätigkeit zwinge. Zum anderen sei zwar deren Motivation zum Erlernen der deutschen Sprache groß, aber die Voraussetzungen recht unterschiedlich. So müssten einige zunächst Alphabetisierungskurse besuchen. Auch die Arbeitsbedingungen der Berater vor Ort seien aufgrund oft fehlender Räumlichkeiten deutlich verbesserungsfähig.
Auch das Energieberatungsprojekt f.i.t. („fördern, initiativ werden, teilhaben“) der Evang. – Luth. Kirche in Bayern findet ein positives Echo und geht inzwischen ins dritte Jahr. Uwe Kraus, Leiter der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit (KASA), erläuterte anhand aktuellen Zahlenmaterials die dramatische Situation von nicht mehr bezahlbaren Energiekosten für Menschen mit geringem Einkommen. In einem solchen Ein-Personen-Haushalt beliefen sich die durchschnittlichen Rückstände auf 29 Euro monatlich. Familien fehlten zum Jahresende im Schnitt bis zu 500 Euro.
Stromschulden führten in der Vergangenheit allein in Schweinfurt zu 500 bis 600 Stromabschaltungen pro Jahr. Weitere 2000 Androhungen der Stromsperre würden verschickt; dies entspräche etwa 7,5 Prozent aller Haushalte. Als Anlaufstelle für die Betroffenen habe sich in den letzten Jahren durch die zunehmende Zahl von Hilfegesuchen vor allem auch die Diakonie entwickelt. „Etwas entspannter“ stellt sich laut Helmtrud Hartmann, Leiterin der Bezirksstelle Haßberge und Bad Neustadt, die Situation auf dem Land dar, wo man mit regionalen Strom-Versorgern verhandeln könne.
23 fachlich und pädagogisch ausgebildete ehrenamtliche Mitarbeiter haben inzwischen in über hundert Haushalten erfolgreich Energieberatung und Beratung zur Lebensführung durchgeführt. Einer von ihnen, Rolf Sixt, schilderte anschaulich die Durchführung einer Bestandsaufnahme. Als Gründe für den teilweise horrenden Mehrverbrauch nannte er die oft alte Wohnraumsubstanz und fehlende energetische Sanierung. Heizlüfter würden zum Teil die fehlende Zentralheizung ersetzen. Als Energiefresser erwiesen sich auch alte Haushaltsgeräte und überdimensionierte veraltete Lichtquellen. Sixt betonte, dass sich die Betroffenen gegenüber den Sozialberatern generell sehr aufgeschlossen zeigten. Ausdrücklich sprach er von einer wertschätzenden Kommunikation. Abgesehen von wenigen problematischen Haushalten lasse sich ein Bewusstsein für den Umgang mit Energie und Haushaltsgeräten schaffen und dadurch die Situation schnell und effektiv verbessern.
Diakoniepräsident Bammessel dankte für dieses ambitionierte Vorgehen. Gerade das von der evangelischen Landeskirche in Bayern initiierte und mit 130.000 Euro unterstützte fit-Projekt trage sozialpolitischen Modellcharakter und zeige kirchliche Ausstrahlung. Es dürfe und werde nicht nach dem dritten Jahr „sterben“.
Dr. Siegfried Bergler / Jochen Keßler-Rosa