Lutherreise 2017 (3)

Brasilienpartnerschaftsgruppe am Ziel angekommen: Wittenberg

Weltausstellung: Türen nicht zum Thesenanschlag, sondern gestaltet mit Motiven für mehr gesellschaftliche Gerechtigkeit bot ein Turm der Diakonie, den sich auch Sonja Fischer (zweite von links), Mitarbeiterin des Diakonischen Werkes Schweinfurt, genauer anschaute.

Die Elbbrücke und der Turm der Schlosskirche kamen zuerst in den Blick: Am Sa., 29.7.2017 erreichte die Gruppe die Lutherstadt Wittenberg, das Zentrum des Reformationsjubiläums und den Ausgangspunkt der Reformation. Inzwischen war auch die ehemalige St. Lukas-Vikarin und jetzige Pfarrerin in Selb, Daniela Schmid, angereist und löste Pfarrerin Christine Drini für Übersetzung und die Begleitung der Gruppe ab. Auch Sonja Fischer, Gemeindebeauftragte für Partnerschaft, Mission und Entwicklungsdienst aus Euerbach, war mit einer Wochenenddelegation gekommen. So wirken die Reiseerfahrungen und Brasilienbegegnungen auch in unser Dekanat und die Gemeinden hinein.

Pflichtprogramm in Wittenberg vom 29. bis 31. Juli waren natürlich eine umfassende Stadtführung sowie der Besuch des ehemaligen Wohnhauses der Familie Luther im Schwarzen Kloster. Besonders beeindruckend war der Gottesdienst in der Schlosskirche, den die Gruppe am Sonntag mitfeierte. Zu Herzen ging das Abendessen mit Martin Luther und seiner Frau Käthe, bei dem zwei launige Schauspieler in unterhaltsamen Dialogen über ihr einstiges Leben plauderten. Die mittelalterlich anmutende Menüauswahl und ein Schlückchen Dünnbier verstärkten den Eindruck, dem Reformator zu seinen Lebzeiten zu begegnen. Pfarrer Euclésio Rambo war inzwischen mit Hilfe der Audioguide-Anlage von Mission EineWelt zum versierten Simultanübersetzer geworden. Mit Ruhe und großer Konzentration übertrug er auch die etwas antike Sprache der Luthers problemlos ins brasilianische Portugiesisch.

Die Weltausstellung von Mai bis Oktober 2017 erwartet im Grüngürtel um die Stadt Wittenberg mit vielen interessanten kirchlichen Ständen und Angeboten die Besucher im Reformationsjubiläumsjahr. Täglich gibt es neue ideenreiche Highlights. Am 29.7. wurde der Einsatz unserer Gruppe am Marktplatz als eines der Top-Angebote des Tages angekündigt: „Lutherisch sein in Brasilien“ war das Thema, zu dem es am Stand unserer Landeskirche im Bayerischen Garten ein Interview unserer Gäste gab. Die Organisatorin des bayerischen Programms, Pfarrerin Britta Mann, führte das Gespräch, zu dem sich zahlreiche interessierte Weltausstellungsbesucher einfanden. Pfarrer Rolf Rieck schilderte die Geschichte der Lutherischen Einwanderer in Brasilien und ihr Bestreben, eine brasilianische Kirche zu sein, die sich aber ihrer deutschen Wurzeln bewusst ist. Pfarrer José Kowalska beschrieb die Arbeit der Creche Bom Samaritano, unseres Partnerschaftsprojekts, als Beispiel gelungener kirchlicher Sozialarbeit in Rio de Janeiro und betonte die Notwendigkeit dieses Tuns gerade in der heutigen wirtschaftlichen Lage der südamerikanischen Millionenmetropole. Am Beispiel von Pfarrerin Daniela Schmid, die in Brasilien als Austauschvikarin tätig war, und Pfarrer Euclésio Rambo, unseres brasilianischen Austauschpfarrers, wurde deutlich, wie bereichernd und verbindend solche Diensteinsätze für unsere Kirchen und unser gegenseitiges Verständnis sind. Bei einer anschließenden gemeinsamen Andacht berührten die Rio-Gäste als Reisechor unter Leitung von Beatriz Rieck die Herzen der Besucherinnen und Besucher.

Das Panorama von Yadegar Asisi, das als Teil der Weltausstellung in einem großen zylinderförmigen Bauwerk ein aufwendig gestaltetes und animiertes Rundumbild der Stadt Wittenberg zur Zeit Martin Luthers darstellt und darin die Reformationsgeschichte zum Ausdruck bringt, beeindruckte die Rio-Gäste besonders.

An einem weiteren Nachmittag gestaltete die brasilianisch-deutsche Reisegruppe das Programm für den Lutherischen Weltbund in seinem großen Pavillon, dem sogenannten Himmelszelt. „Rio de Janeiro trifft Escola Popular“, so wurde der Einsatz angekündigt. „Brücken bauen - Gemeinschaft stärken - Rhythmus leben“ war der Untertitel im Programm für den Sambatrommel-Workshop mit brasilianischem Schwung und spirituellem Tiefgang zum Vorbeischauen, Verweilen oder Mitmachen. „Lutherische Christen aus Rio de Janeiro und dem bayerischen Dekanat Schweinfurt“, so verhieß das Programm, „laden dazu ein, zusammen mit Sue Bähring, der Sambalehrerin der Escola Popular aus Weimar“. Dies ist ein Projekt der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, die dadurch Menschen aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten und Kulturen zu einer gemeinschaftlichen Musikaktion zusammenbringen möchte und auf diesem Weg interkulturelles Verständnis, Frieden und Gerechtigkeit fördert. „Unglaublich, dass ich in Deutschland Samba lerne!“, so wunderte sich eine brasilianische Teilnehmerin. „Ah, die können das ja auch nicht sofort!“, stellte eine deutsche Teilnehmerin fest, als sie die brasilianischen Partner beobachtete. Sue Bähring leistete ganze Arbeit: Am Ende der beiden eineinhalbstündigen Workshops spielte jeweils eine beeindruckende Sambabatterie auf! Das erregte Aufmerksamkeit beim Laufpublikum und motivierte einige Leute zum Mitmachen. In den Pausen gab es eine Kurzpräsentation über lutherisches Leben in Rio de Janeiro. Der Einsatz endete um 18 Uhr mit einer Andacht, bei dem der Reisechor der Gäste mit Sambaklängen untermalt wurde. Als Mitarbeitende des Lutherischen Weltbundes genoss die Reisegruppe vielfältige Unterstützung für ihre Luthertour.

Vor der Rückfahrt nach Schweinfurt am Mittwoch gab es am Di., dem 01. Aug., einen optionalen Tag in Berlin, bei dem die Gäste aus der brasilianischen Megacity die Gelegenheit hatten, einen kurzen Einblick in unsere Hauptstadt zu bekommen.

(Text und Fotos: Renate Käser (Dekanatsbeauftragte für Partnerschaft, Mission und Entwicklungsdienst)

Lesen Sie weiter über den Empfang der Brasilienreisegruppe im Dekanat: https://www.schweinfurt-evangelisch.de/inhalt/presseschau-ein-stueck-rio...