Lutherreise 2017 (1)

Gäste aus Brasilien in Schweinfurt angekommen - und auf Luthers Spuren unterwegs

Regenschirme sind (noch) das dominierende Motiv der Lutherfahrt nach Erfurt: Lirio Schone mit seiner Ehefrau Ivanir Miranda Schone

Schweinfurt. Die 19-köpfige Reisegruppe aus den lutherischen Partnergemeinden des evang. Dekanats Schweinfurt in Rio de Janeiro ist angekommen:

Mit großem Interesse folgten die brasilianischen Gäste am Samstag, den 22.7. abends, zusammen mit vielen deutschen Besuchern, in der Dreieinigkeitskirche den Ausführungen von Pfarrerin Eva Loos über Clara und Franz von Assisi sowie Käthe und Martin Luther. Die beiden Italiener gingen ins Kloster, um soziale Veränderungen zu erreichen. Die beiden Deutschen verließen ihr Kloster und hatten ähnliche Ziele. Bildung, die Rolle der Frauen, Kirchenkritik, Gesellschaftskritik und Spiritualität spielten dabei eine Rolle. Alle vier hatten einflussreiche Unterstützer. Eva Loos war selbst in Italien gewesen und hatte mit den Franziskanern gelebt und zu ihrem Vortragsthema gearbeitet. Eigene Dias und Bilder veranschaulichten ihren Vortrag. Zwei besondere Überraschungsgäste hatten sich unter die Zuhörer gemischt: Die kürzlich verabschiedete Oberndorfer Pfarrerin Christhild Grafe kam an ihrem letzten Abend in Deutschland zusammen mit ihrem Ehemann Juan Osorio, um die Gäste zu begrüßen. Viele Jahre hatte sie sich mit großem Engagement in der Partnerschaftsarbeit des Dekanats engagiert. Mit Begeisterung nahmen die Rio-Gäste die Chance wahr, ihr gute Wünsche mit auf den Weg zu ihrer neuen Wirkungsstätte in Bogotá/Kolumbien zu geben.

Bemerkenswert ist die Konzentration der brasilianischen Gäste, denn durch eine verspätete Anreise kamen sie direkt vom Flughafen zur Abendveranstaltung. 19 Frauen und Männer aus unseren vier Partnergemeinden in Rio de Janeiro machten sich im 30. Jahr unserer Partnerschaft auf den Weg in unser Dekanat. Zwanzig Gäste wären es gewesen. Aber kurz vorher ist Diana da Silva Wanderley plötzlich verstorben. Tief betroffen reagierten die Verantwortlichen im Dekanat und das Vorbereitungsteam. Im Gottesdienst am Sonntagmorgen wurde an sie und ihre Familie mit einer Kerze gedacht.

Ein Gottesdienst der besonderen Art fand am Sonntagmorgen - Sonntag, 23. Juli - in der Gustav-Adolf-Kirche statt. Fast alle Teile waren zweisprachig. Zusammen mit dem Ortspfarrer und brasilianischen Austauschpfarrer Euclésio Rambo gestalteten Pfarrerin Eva Loos (Dreieinigkeitskirche) und Pfarrer Jandir Sossmeier (Mission EineWelt Neuendettelsau) die Feier. Ein Chor der Gäste verstärkte den brasilianischen Schwung, den der Gottesdienst ausstrahlte. Auch die Lieder wurden zweisprachig gesungen. Die beiden brasilianischen Pfarrer beleuchteten in ihrer Predigt die Bedeutung Martin Luthers in der deutschstämmigen brasilianischen Lutherischen Einwandererkirche. Migranten hatten als Laien den evangelischen Glauben nach Brasilien gebracht. Sie hatten ihre Lutherbibel mitgenommen und pflegten die Singtradition der Kirchenlieder. Erst vierzig Jahre später kam der erste Pfarrer an. Heute hat sich die lutherische Kirche in Brasilien der Kultur des Landes geöffnet. Beim anschließenden Kirchenkaffee hat die kleine Gustav-Adolf-Gemeinde groß aufgetischt und den weitgereisten Gästen mit ihrem deutschen Begleitteam einen wunderbaren Empfang im Garten ihrer Kindertagesstätte bereitet. Es war schon etwas ganz Besonderes, dass so viele Gäste aus dem Heimatland ihres Pfarrers Euclésio Rambo gekommen waren (s. auch PRESSESCHAU-Artikel: https://www.schweinfurt-evangelisch.de/inhalt/presseschau-gottesdienst-m...).

Beim abendlichen Treffen der Gruppe in St. Lukas freuten sich die Rio-Gäste, die scheidende Pfarrerin Christiana von Rotenhan zusammen mit ihrem Ehemann Christian zu treffen. Die bisherige St.-Lukas-Pfarrerin war Teil der letzten Partnerschaftsdelegation nach Rio de Janeiro. Die Gruppe bestaunte die besondere Architektur der Lukaskirche.

Eine Stadtführung in Schweinfurt stand am Montag, 24. Juli, auf dem Programm. Gästeführerin Frau Wiedorfer machte die Besucher mit der Partnerstadt vertraut und ließ auch die Geschichte von Olympia Morata nicht aus, die der Gruppe in Wittenberg im Bayerischen Garten der Weltausstellung zum Reformationsjubiläum wieder begegnen wird.

Ein kultureller Abend in Sennfeld mit einem rührenden Auftritt von Trachtentanzpaaren rundete den Tag ab. Pfarrer Stefan Stauch, Gemeindebeauftrager für Partnerschaft, Mission und Entwicklungsdienst, Ralf Simmat sowie das Grill- und Küchenteam sorgten für einen stilvollen fränkischen Abend. Ja - und dann kam er: Martin Luther. Katholisch. In ökumenischer Verbundenheit und als Mitglied der Lutherreisegruppe schlüpfte der katholische Diakon Dr. Michael Wahler in diese Rolle und begrüßte die südamerikanischen Gäste aus lutherischer Vergangenheitssicht wortgewandt, humorvoll und hintersinnig. Die Verkleidung fiel ihm nicht schwer: Seine Richterrobe ähnelt aus historischer Tradition dem Gewand, in dem man Martin Luther kennt.

Es hatte sich schon abgezeichnet: Regen zog auf. Dauerregen und kühle Temperaturen. Aber frohgemut und in gespannter Erwartung machte sich die Gruppe am Dienstagmorgen, 25. Juli,  auf nach Erfurt, die erste Station der Luthertour. Luthers Spuren in der Stadt und sein ehemaliges Augustinerkloster wurden ausgiebig erkundet. Abends endete die Fahrt in Eisleben im Kloster Helfta, wo die Gruppe die ersten Tage untergebracht sein wird. Dekan Oliver Bruckmann begleitet die Gäste die ersten beiden Tage. Die ehemalige Bad Kissinger Pfarrerin mit Diensterfahrung in Rio den Janeiro, Christine Drini, war ebenfalls angereist, um dabeizusein und Übersetzungen zu tätigen. Ein Glücksfall ist es, dass Pfarrer Euclésio Rambo die Reiseleitung übernommen hat, denn er kennt die Kultur seiner brasilianischen Landsleute und auch die Gepflogenheiten seines deutschen Heimatlandes auf Zeit. Zusammen mit der Dekanatsbeauftragten für Partnerschaft, Mission und Entwicklungsdienst Renate Käser hat er die Reise vorbereitet.         FORTSETZUNG folgt!

Text: Renate Käser;  Fotos: Brasilienpartnerschaftsteam